Zahnwechsel bei Tieren

Bei Menschen gibt es nur einen Zahnwechsel

Wir Menschen wechseln bekanntlich nur einmal im Leben die Zähne: Nämlich in der Kindheit, wenn die nur schwach verwurzelten Milchzähne dem tief und kräftig verwurzelten Dauergebiss weichen. Zähne, die danach verlorengehen, werden auf natürliche Weise nicht mehr ersetzt. Es bleibt eine dauerhafte Zahnlücke. Doch dank Prothesen, Implantaten und notfalls Schnabeltassen können wir damit umgehen.

Doch wie ist das eigentlich bei den Tieren?

Zähne sind für viele Tiere überlebenswichtig

Ob als Jagdwaffe, zur Verteidigung, zur Zerkleinerung von Nahrung oder zum Nestbau: Für viele Tiere sind ihre Zähne lebenswichtig. Doch Zähne können im Einsatz verloren gehen und unterliegen zudem oft starker Abnutzung. Und was dann?

Reptilien und Fische ohne (dauerhafte) Zahnlücken

Für die meisten Reptilien und Fische ist der Verlust von Zähnen kein Problem. Sie sind sogenannte Polyphyodonten. Das heißt, ihre Zähne erneuern sich ihr Leben lang immer wieder. Meist wächst der nachfolgende Zahn bereits hinter oder unter dem noch vorhandenen heran, bevor dieser verloren wird. So kann er diesen bei Bedarf rasch ersetzen. Ein populäres Beispiel hierfür ist das „Revolvergebiss“ vieler Haie.

„Revolvergebiss“ eines Tigerhais (Foto: S. Kühn)
Weißer Hai mit mehreren Zahnreihen (Foto: Hermanus Backpackers)

Die meisten Säugetiere wechseln nur einmal die Zähne

Im Gegensatz zu Reptilien und Fischen erneuern die allermeisten Säugetiere – uns eingeschlossen -nur einmal die Zähne, müssen also im Leben mit zwei Gebissen auskommen. Das nennt man wiederum Diphyodontie. Dabei weichen die Milchzähne der Heranwachsenden größeren, endgültigen Kauwerkzeugen. Das ist nötig, da Zähne nicht mit dem Körper mitwachsen und die Milchzähne im Erwachsenenalter somit viel zu klein wären.

Es gibt aber Ausnahmen unter den Säugern

Auch wenn Polyphyodontie, also mehr als zwei Zahnwechsel, unter Säugetieren sehr selten ist: Es gibt sie. Eine dieser seltenen Ausnahmen ist der Elefant. Seine Backenzähne sind für ihn unverzichtbar, da er sie zum Zerkleinern seiner oft sehr zähen Pflanzennahrung benötigt. Er kann die Kauwerkzeuge zwar nicht beliebig oft, aber immerhin fünfmal im Laufe seines Lebens erneuern. Dabei werden die neuen Zähne – anders als bei Reptilien und Fischen – nicht aus der „zweiten Reihe“, sondern aus dem hinteren Kieferbereich kontinuierlich horizontal nach vorn geschoben. Ist schließlich auch der sechste und damit letzte Satz Backenzähne abgenutzt, muss der Elefant in freier Wildbahn verhungern.1 Im Zoo allerdings können die Tiere problemlos auch ohne Backenzähne weiterleben, indem die Ernährung entsprechend angepasst wird. Ein weiteres Beispiel für Polyphyodontie unter den Säugern ist die Gattung der Manatis (Rundschwanzseekühe). Wie bei den Elefanten findet auch hier der Zahnwechsel horizontal statt. Jedoch können Manatis ihre Zähne sogar unbegrenzt, also zeitlebens, immer wieder erneuern.2

Elefantenschädel und -gebiss (Foto: C. Brück)
Karibik-Manati (Trichechus manatus) (Foto: C. Brück)

Die meisten Nagetiere wechseln die Zähne nicht

Ein weiterer Sonderfall unter den Säugern sind die meisten Nagetiere (z. B. Ratten). Sie sind monophyodont, verfügen also nur über einen Satz Zähne, der zeitlebens nicht erneuert wird.3 Dafür wachsen aber ihre Nagezähne ihr Leben lang um einige Millimeter täglich. So stehen ihnen auch ohne Zahnwechsel immer intakte Beißwerkzeuge zur Verfügung. Nur durch die starke Abnutzung beim Nagen bleibt die Länge der Zähne einigermaßen konstant. Werden sie jedoch nicht ausreichend benutzt, werden sie so lang, dass sie zum Fressen unbrauchbar werden oder gar durch den Schädelknochen dringen. Beides endet tödlich. Bei einigen Arten wie z. B. Chinchillas und Meerschweinchen wachsen sogar auch die Backenzähne zeitlebens weiter.

Typisches Nagetiergebiss einer Wanderratte (Rattus norvegicus) (Foto: K. Rassinger)
Unkontrolliert wachsende Nagezähne eines Zwergkaninchens durch fehlenden Gegenbiss (Foto: U. Gille)

Auch Delfine sind monophyodonte Säugetiere

Auch Delfine gehören zu den wenigen Säugern ohne Zahnwechsel, behalten also zeitlebens ihr erstes Gebiss. Je nach Art besitzen sie allerdings bis zu mehrere hundert Zähne und können daher einzelne Zahnlücken verkraften.

Zähne eines Delfins (Foto: S. Elmore)

Zusammengefasst: Im Tierreich gibt es drei Zahnwechselstrategien

Monophyodontie: kein Zahnwechsel, sondern ein Gebiss auf Lebenszeit (z. B. Delfine, Nager)

Diphyodontie: ein Zahnwechsel von Milch- zu Dauerzähnen (die allermeisten Säugetiere)

Polyphyodontie: mehrere bis unbegrenzt viele Zahnwechsel (die meisten Fische und Reptilien sowie sehr wenige Säugetiere)

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Quellen:

1 Shoshani, J. (1996). Skeletal and other basic anatomical features of elephants. The Proboscidea, evolution and palaeoecology of elephants and their relatives, 9-20.

2 Self-Sullivan, Caryn, Evolution of Sirenia (PDF), sirenian.org, abgerufen am 21.04.2023

3 Crossley, D. A. (1995, April). Dental disease in rabbits and herbivorous rodents. In Proceedings of the BVDA scientific Meeting, Birmingham.

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