Sexuelle Gewalt unter Tieren: Otter vergewaltigen Seehunde

Dass Sex unter Tieren nicht immer einvernehmlich vonstatten geht, ist nichts Neues. Doch der Seeotter geht noch weiter.

Seeotter (Foto: mikebaird)

Erzwungener Sex innerhalb einer Art ist häufig, zwischen verschiedenen Arten jedoch sehr selten

Der eine oder andere von uns hat sicher schon beobachtet, wie Gruppen von Erpeln unserer heimischen Stockente ein einzelnes Weibchen bedrängen und immer wieder äußerst rabiat begatten. Dabei drücken sie das Weibchen immer wieder unter Wasser, wodurch dieses manchmal sogar ertrinkt. Auch männliche Delfine sind für erzwungenen Geschlechtsverkehr berüchtigt und selbst bei unseren sehr nahen Verwandten, den Orang-Utans, ist erzwungener Geschlechtsverkehr keine Seltenheit. Diese Reihe ließe sich noch um zahllose weitere Arten fortsetzen. Im Gegensatz dazu ist die „Vergewaltigung“ von Tieren anderer Arten jedoch eine seltene Ausnahme. Das Verhalten mancher männlicher Seeotter (Enhydra lutris) ist ein solcher Fall.

Kopulierende Stockenten (Foto: V. Buhl)

Brutale Übergriffe der Otter auf Seehunde

Die bis zu 1,5 Meter langen und 40 Kilo schweren Meeressäuger sind im Nordpazifik zuhause und weltweit die einzige Otterart, die ausschließlich im Meer lebt. Auch Seeotter zwingen ihre Weibchen oft gewaltsam zur Paarung, doch gehen sie noch wesentlich weiter. Wissenschaftler konnten vor der Küste Kaliforniens mehrfach beobachten, dass männliche Seeotter junge Pazifische Seehunde (Phoca vitulina richardsi) massiv bedrängten, festhielten und dabei in die Nase bissen, um sie zur Kopulation zu zwingen, was trotz heftiger Gegenwehr teilweise auch gelang. Oft überlebten die Robben diese Übergriffe nicht. Sie starben durch Ertrinken, Bissverletzungen und Verletzungen im Genitalbereich. Doch auch davon ließen sich manche Otter nicht bremsen. Sie kopulierten dann mit dem Kadaver des Seehunds, verhielten sich also nekrophil. Forscher sehen im bereits seit einiger Zeit zunehmenden Männchenüberschuss unter den Seeottern eine mögliche Ursache.1

Pazifischer Seehund (Foto: J. Gallagher)

Der Seeotter ist nicht der Einzige

Auch wenn die Zwangskopulation mit anderen Arten im Tierreich sehr selten ist: Die einzige Spezies mit diesem Verhalten ist der Seeotter nicht. So gibt es belegte Berichte von Antarktischen Seebären (Arctocephalus gazella), die – wenn auch wohl erfolglos – versuchten sich mit Königspinguinen (Aptenodytes patagonicus) zu paaren2. Schon die Vorstellung ist grauenhaft: Ein über 100 Kilo schwerer Meeressäuger „vergewaltigt“ einen 10 Kilo schweren Vogel! Das Video dazu ist daher nichts für schwache Nerven.

Seebär „vergewaltigt“ Königspinguin

Aber kann man bei Tieren wirklich von „Vergewaltigung“ sprechen?

Übrigens: Bewusst habe ich den Begriff „Vergewaltigung“ nur in Anführungszeichen verwendet. Die Frage, ob er auf Tiere anwendbar ist, ist letztlich eine philosophische. Meint man lediglich erzwungenen Geschlechtsverkehr, dann trifft er natürlich zu. Doch in unserem Sprachgebrauch meinen wir ja mehr damit: nämlich einen extremen Verstoß gegen geltende Gesetze und Moralvorstellungen. Es ist überaus fraglich, ob diese auf Tiere anwendbar sind. Täten wir dies, wäre auch z. B. der Löwe, der einen Rivalen tötet, ein Mörder.

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Quellen:

[1] Harris, H. S., Oates, S. C., Staedler, M. M., Tinker, M. T., Jessup, D. A., Harvey, J. T., & Miller, M. A. (2010). Lesions and behavior associated with forced copulation of juvenile Pacific harbor seals (Phoca vitulina richardsi) by southern sea otters (Enhydra lutris nereis). Aquatic Mammals, 36(4), 331.

2 de Bruyn, P. N., Tosh, C. A., & Bester, M. N. (2008). Sexual harassment of a king penguin by an Antarctic fur seal. Journal of Ethology, 26, 295-297.

Ein Gedanke zu “Sexuelle Gewalt unter Tieren: Otter vergewaltigen Seehunde

  1. Ich denk, man kann von Vergewaltigung sprechen, denn das ist lediglich ein anderes wort von nicht-konsensualer sexualisierter gewalt. tiere haben nur andere arten, konsens zu geben und zu verweigern und mehr möglichkeiten konsensfähigkeit zuzugestehen. das macht vergewaltigung unter menschen zu einem besonders schweren verbrechen.

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