Gibt es giftige Säugetiere?

Was sind überhaupt Gifttiere?

Königskobra (Ophiophagus hannah) (Foto: Rushen)

Gift wird selbst hergestellt oder durch die Nahrung aufgenommen

Unter dem Begriff Gifttiere versteht man alle Tiere, die Gift zur Verteidigung oder zur Jagd nutzen. Das Gift wird dabei meist selbst produziert. Typisch hierfür sind z. B. die Giftdrüsen vieler Schlangen, Spinnen oder Skorpione. Es kann aber auch durch die Nahrung aufgenommen werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Familie der Baumsteigerfrösche (Pfeilgiftfrösche), die sich von giftigen Tieren ernähren und deren Gift im Körper anreichern, um es zur Verteidigung über Hautdrüsen wieder freizusetzen. Für Fressfeinde, die das nicht wissen, kann der Frosch dann die letzte Mahlzeit ihres Lebens sein. Dem einzelnen Frosch hilft das zwar nicht mehr, aber seiner Art, da die Räuber langfristig lernen, sich besser von den Amphibien fernzuhalten.

Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) mit erbeuteter Wespe (Foto: J. Howaldt)
Granulierter Baumsteiger (Oophaga granulifera) (Foto: P. Gijsbers)
Manilakugelfisch (Arothron manilensis) (Foto: R. Zerpe)

Giftige Arten vor allem unter wechselwarmen Tieren

Dabei gehören fast alle Gifttiere zu den wechselwarmen Tieren (früher „Kaltblüter“). Also zu den Wirbellosen (z. B. Wespen), Fischen (z. B. Kugelfische), Amphibien und Reptilien. Unter den gleichwarmen Tieren (früher „Warmblüter“), also Vögeln und Säugetieren, sind Gifttiere ausgesprochen selten. Aber es gibt sie!

Giftige Vögel sind sehr selten

Die sehr, sehr wenigen giftigen Vogelarten haben gemeinsam, dass sie das Gift nicht selbst produzieren, sondern über die Nahrung aufnehmen. Außerdem dient es all diesen Vögeln nur zur passiven Verteidigung, also durch Vergiftung des Fressfeindes. Einer der bekannteren Giftvögel lebt auf dem afrikanischen Kontinent. Die Sporngans (Plectropterus gambensis) ernährt sich unter anderem von Ölkäfern, die ein Gift namens Cantharidin im Körper tragen.1 Da die Gans dieses Gift nicht gleich wieder vollständig ausscheidet, ist ihr Fleisch für Raubtiere und auch für den Menschen giftig.

Sporngans (Foto: D. Daniels)

Das Schnabeltier: eines der ganz wenigen giftigen Säugetiere

Ähnlich selten wie Giftvögel sind auch giftige Säugetiere. Zu ihnen gehört unter anderem das australische, ca. einen halben Meter lange Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus). Das Männchen trägt Giftsporne an seinen Hinterbeinen, mit denen es ein in eigenen Giftdrüsen produziertes Toxin ausscheiden kann. Da nur die männlichen Tiere über das Gift verfügen, wird angenommen, dass es vor allem bei innerartlichen Rivalenkämpfen zum Einsatz kommt. Aber auch gegen Fressfeinde wie z. B. Hunde bietet es einen wirksamen, oft tödlichen Schutz.

Schnabeltier (Bild: A. Cabrera)

 Giftige Säugetiere auch in Deutschland

Weitere giftige Säugetiere finden sich unter den Spitzmäusen. Eine Handvoll Arten dieser Familie verfügt über Gift- oder Speicheldrüsen, die ein Toxin freisetzen können. Zu diesen Arten gehören auch die bei uns heimische Wasserspitzmaus (Neomy fodiens) und Deutschlands häufigste Spitzmaus, die Waldspitzmaus (Sorex araneus). Mit ihrem Biss können sie Beutetiere wie z. B. Frösche lähmen oder auch töten. Um unsere Katzen und Hunde müssen wir uns allerdings keine Sorgen machen. Selbst wenn sie einmal gebissen werden sollten, sind sie normalerweise zu groß, um an dem Gift ernsthaften Schaden zu nehmen.

Waldspitzmaus mit Regenwurm (Foto: Soricida)

Gibt es auch giftige Primaten?

Dass es giftige Säugetiere gibt, ist schon erstaunlich genug. Noch erstaunlicher ist aber wohl, dass sogar Primaten, zu denen ja auch wir gehören, giftig sein können. Es handelt sich um einige Arten der Gattung der Plumploris. Die nur 18 bis 38 Zentimeter großen Tiere sind in den Wäldern Südostasiens zuhause. Die nachtaktiven Plumploris können durch ihren Biss ein Gift übertragen, das mittels einer Giftdrüse an ihrem Arm produziert wird. Durch Ablecken dieser Drüse gelangt es in den Speichel des Loris. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob der Giftbiss der Verteidigung gegen Fressfeinde oder eher Kämpfen gegen Artgenossen dient.

Trauriges Schicksal

Traurigerweise ist die „Niedlichkeit“ der Plumploris ihr Verhängnis. Vor allem in Asien werden sie – trotz Verbotes – oft auf Tiermärkten als Haustier verkauft. Um die Halter vor dem Gift zu schützen, werden den Tieren oft kurzerhand die Zähne mit Nagelclips oder Seitenschneidern abgeschnitten oder gleich ganz gezogen. Eine kaum erträgliche Tierquälerei. Daher möchte ich uns ein Bild dazu an dieser Stelle ersparen. Wer es dennoch sehen will, klickt hier.

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Quellen:

[1] Bartram, S., & Boland, W. (2001). Chemistry and ecology of toxic birds. ChemBioChem, 2(11), 809-811.

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