Die Aga-Kröte – das wohl meistgehasste Tier Australiens

Einst aus Südamerika eingeführt, um Schädlinge zu bekämpfen, ist die Aga-Kröte selbst zu einem der verheerendsten Schädlinge Australiens geworden.

Es gibt gefährlichere Tiere in Australien – doch keine unbeliebteren

Menschenfressende Krokodile, die gefürchtete Trichternetzspinne, die giftigsten Schlangen der Welt – in Australien gibt es zahllose Tiere, die man nicht unbedingt mögen muss. Dennoch ist das wohl unbeliebteste Tier des Fünften Kontinents ein anderes: Die Aga-Kröte.

Einer der größten Froschlurche der Welt

Die Aga-Kröte (Rhinella marina) ist ein wirklich imposantes Tier. Mit einer Körperlänge von bis zu 23 cm und mehr als 1 kg Gewicht gehört sie zu den größten Froschlurchen der Welt. Sie ernährt sie sich von allem, was sie überwältigen und im Ganzen verschlingen kann wie etwa Insekten, Spinnen und Schnecken. Aber sie macht auch nicht Halt vor kleineren Wirbeltieren wie jungen Mäusen, Reptilien und nicht zuletzt auch eigenen Artgenossen. In ihrer Heimat, dem amerikanischen Kontinent von Süd-Texas bis zum Amazonas, ist sie natürlicher Teil des Ökosystems und daher unproblematisch. Ganz anders sieht es jedoch in anderen Teilen der Welt, wie z. B. einigen Karibikinseln und ganz besonders Australien aus, wo die dort nicht heimischen Kröten vom Menschen angesiedelt wurden.

In Australien eingeführt zur biologischen Schädlingsbekämpfung – ein Desaster

Obwohl man gerade in Down Under bereits zahlreiche schlechte Erfahrungen mit der Ansiedlung fremder Arten wie Fuchs und Kaninchen, hatte, beging man erneut denselben Fehler. Um Schadinsekten in Zuckerrohrplantagen zu bekämpfen, wurde die für ihre Gefräßigkeit bekannte Aga-Kröte im Jahr 1935 nach Queensland (Australien) eingeführt. Daher rührt auch ihr englischer Name Cane Toad (Cane = Rohr). Und einmal mehr zeigte sich, dass es nahezu unmöglich ist, alle Auswirkungen solcher Neozoen auf ein komplexes Ökosystem vorherzusehen. Und so sah man auch nicht vorher, dass die Kröte in Australien viel erfolgreicher sein würde als in ihrer Heimat. Dermaßen erfolgreich, dass sie schon bald völlig außer Kontrolle geriet. Wie konnte es so weit kommen?

Hohe Vermehrungsrate

In Australien vermehrt sich die Aga-Kröte viel stärker als in ihrem Ursprungslebensraum. Während an ihren Laichgewässern in Süd- und Mittelamerika selten mehr als 20 Tiere auf 100 m Uferstrecke gezählt werden, sind es in Queensland bis zu 2.0001! Und jedes Weibchen kann bis zu 25.000 Eier auf einmal legen. Die jährliche Vermehrung des Bestandes wird auf 25 % geschätzt, die aktuelle Individuenzahl in Australien auf 200 bis 300 Millionen. Ihr Verbreitungsgebiet wächst von Queensland aus um geschätzte 40 km pro Jahr.2 Für diese hohe Bestandesdichte ist jedoch nicht nur eine starke Reproduktion nötig, sondern auch eine geringe Sterblichkeit. Und hier liegt ein großer Unterschied zwischen Australien und den Bedingungen in der Heimat der Kröte.

Sehr giftig

Vor Feinden schützt die Aga-Kröte ihr Hautgift, dass sie über Hinterohrdrüsen und Drüsen am Rücken freisetzen und notfalls sogar verspritzen kann. Selbst die Kaulquappen und die Eier sind bereits giftig. Der Giftcocktail löst starke Reizungen von Haut, vor allem Schleimhäuten wie Augen und Mund, aus und ist je nach Menge tödlich. Auch Haustiere wie Katzen und vor allem Hunde fallen diesem Gift zum Opfer. Es wird berichtet, dass Hunde nach dem Apportieren einer Aga-Kröte innerhalb einer Viertelstunde starben3. Auch Menschen erleiden immer wieder Reizungen von Haut oder Schleimhäuten. Zu Todesfällen beim Menschen kam es bisher aber nur nach dem Verzehr der Kröten oder ihrer Eier. Übrigens wird das Hautgift in geringer Dosierung auch als halluzinogene Droge missbraucht.

Fehlende natürliche Feinde

In Süd- und Mittelamerika sind die Populationsgrößen der Aga-Kröte relativ stabil und damit unproblematisch. Sie werden dort vor allem durch Parasiten reguliert, die aber in Australien fehlen3. In ihrer Heimat gibt es zudem Kaimane, eine spezialisierte Schlangenart sowie einige Fisch- und Vogelarten, die die Kröte bzw. Kaulquappen und Eier fressen können. Sie weisen entweder eine Toleranz gegen das Gift auf oder verfügen über Techniken, sie zu fressen, ohne das Sekret aufzunehmen. In Australien fehlen solche Anpassungen (noch) weitgehend, so dass die Aga-Kröte hier kaum Feinde hat.

Großes Nahrungsspektrum

Ein weiterer Grund für den Erfolg der Aga-Kröte ist ihr großes Nahrungsspektrum. Das nachtaktive Tier ist nicht nur ein erfolgreicher Sichtjäger, sondern verfügt, anders als die meisten anderen Froschlurche, auch über einen brauchbaren Geruchssinn4. Das erlaubt der Kröte, sich nicht nur von lebender Beute zu ernähren, sondern z. B. auch Aas, Küchenabfälle oder Näpfe mit Hunde- und Katzenfutter aufzuspüren.

Hohe Anpassungsfähigkeit

Darüber hinaus ist sie auch in Bezug auf den Lebensraum sehr anpassungsfähig. Sie lebt in Wald und Wiese ebenso wie auf Äckern oder in Gärten. Gewässer benötigt sie nur zum Laichen. Selbst die in Australien häufige extreme Dürre kann sie überstehen, da sie bis zu 50 % ihres Wassergehalts verlieren kann, ohne Schaden zu nehmen3.

Aga-Kröte auf Nahrungssuche in einer Küche unter dem Kühlschrank

Warum ist die Aga-Kröte in Australien so schädlich?

All die oben genannten Faktoren sind verantwortlich für ihre rasend schnelle Ausbreitung in Down Under. Und diese Massen an Kröten, die kaum Feinde haben und sich in einer Vielzahl von Lebensräumen wohlfühlen, haben gravierende Folgen für die heimische Tierwelt Australiens. Sie erhöhen den Jagddruck auf einige Beuteinsekten und konkurrieren mit anderen Insektenjägern wie Echsen oder anderen Froschlurchen um Nahrung, was zu einer Verdrängung heimischer Arten führt. Dies wird allerdings als das weitaus geringere Problem angesehen, verglichen mit der Gefährdung zahlreicher froschfressender Räuber durch das Gift.5 Die allermeisten von diesen haben (noch) keine Toleranz gegen das Toxin entwickelt und auch noch nicht gelernt, die Kröten unbeschadet zu fressen oder einfach zu meiden. Dies führte bereits bei einigen Schlangen- und Waranarten zu lokalen Populationseinbrüchen um bis zu 90 %6. Auch räuberische Beuteltiere wie der Beutelmarder (Dasyurus hallucatus) erleiden durch Vergiftungen massive Verluste7.

Das wohl unbeliebteste Tier Australiens

Diese großen Schäden an der heimischen Fauna, die Gefahr für Haustiere wie Katze und Hund, ihre Giftigkeit auch für Menschen und sicher auch – erst recht, wenn sie in Massen auftritt – ein gewisser Ekel sind Grund dafür, dass wohl kein Tier bei den Australiern so unbeliebt ist wie die Aga-Kröte. Viele Menschen gehen rigoros gegen den unwillkommenen Mitbewohner vor. Sie suchen nachts mit Taschenlampen die Kröten und sammeln sie in Säcken, um sie durch Einfrieren zu töten oder vergiften sie. Andere gehen sogar so weit und machen mit Golf- und Cricketschlägern Jagd auf sie.8

Die Kröte mit einem eigenen „Festtag“

Die Bekämpfung der Aga-Kröte durch die Bevölkerung führte in Queensland sogar zur Einführung eines „Toad Day Out“ am 29. März jedes Jahres. An diesem Tag ziehen zahlreiche Australier, oft mit der ganzen Familie, los, um möglichst viele Kröten zu sammeln, die anschließend getötet werden. Am Ende wird die Beute von einer Jury gezählt und gewogen und die Sammler mit den meisten und schwersten Tieren erhalten Preise. Inspiriert wurde dieser „Festtag“ angeblich von einer Folge aus der TV-Serie „The Simpsons“ mit dem Titel „Whacking Day“.9 Ein Problem bei den groß angelegten „Vernichtungsaktionen“ sind die Unmengen anfallender Krötenkadaver. Es gibt jedoch erste Konzepte, diese zu verwerten. So wird aus ihren Häuten bereits Leder für Brieftaschen und ähnliches hergestellt.

Bekämpfung mit allen Mitteln

Eine andere Bekämpfungsmaßnahme besteht im Aufstellen von Schutzzäunen um Laichgewässer herum. So wird zum einen die Vermehrung verhindert und zum anderen können die Kröten an den Zäunen eingesammelt und getötet werden. Ferner hat man festgestellt, dass sich die Kaulquappen durch das Krötentoxin anlocken lassen, wodurch man sie ebenfalls in großer Zahl töten kann10. An weiteren Maßnahmen wie genetischen Veränderungen, die zur Unfruchtbarkeit führen, oder der Einführung von Schädlingen der Kröte aus ihrer Heimat wird geforscht.

Die australische Natur wehrt sich

Neben der Weiterentwicklung der menschlichen Bekämpfungsmethoden besteht noch eine weitere Hoffnung: Die Anpassungsfähigkeit und Wehrhaftigkeit der Natur. Bisher sind lediglich wenige Tiere in der Lage, die Aga-Kröte unbeschadet zu fressen. Doch die Räuber lernen dazu. So hat sich z. B. das Süßwasserkrokodil (Crocodylus johnsoni) angewöhnt, nur die ungiftigen Hinterbeine der Kröte zu fressen. Einige Vögel wiederum greifen nur noch die Unterseite der Kröte an, an der sich keine Giftdrüsen befinden, und fressen dann die ungiftigen Innereien. Von besonderem Interesse für die Wissenschaft ist die heimische Ameise Iridomyrmex reburrus. Sie greift vor allem junge Kröten an und ist immun gegen das Toxin. Da die Kröten nicht sofort fliehen, sondern sich auf ihr Gift verlassen, sind sie eine leichte Beute für die Insekten. Es ist gelungen, die Populationsdichten dieser Ameisen um die Laichgewässer der Aga-Kröte durch Ausbringung von Ködern stark zu erhöhen, was sich als sehr effektiv zur Bekämpfung der Kröte erwies.11

Zusammengefasst:

Am Beispiel der Aga-Kröte in Australien hat sich wieder einmal gezeigt, dass die Einführung fremder Tierarten unvorhersehbare Folgen für ein Ökosystem hat. Zur Bekämpfung von Schadinsekten eingeführt, wurde die Kröte selbst zum Schädling, der der durch sein Gift zahlreiche Beutegreifer in ihren Beständen gefährdet. Dass auch Haustiere wie Hunde und Katzen immer wieder zu Tode kommen, macht das Problem für die Australier umso emotionaler. Es besteht jedoch Hoffnung, dass durch menschliche Maßnahmen einerseits und die Anpassungsfähigkeit der Natur andererseits die Populationen der Aga-Kröte auf einem erträglichen Niveau stabilisiert werden und so die Schäden zumindest reduziert werden können. An eine gänzliche Ausrottung indes glaubt niemand.


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[1] Lampo, M., & De Leo, G. A. (1998). The invasion ecology of the toad Bufo marinus: from South America to Australia. Ecological Applications, 8(2), 388-396.

[2] Tyler, M. J. (1998). Australian frogs: a natural history. Cornell University Press.

[3] Low, T. (2002). Feral future: the untold story of Australia’s exotic invaders. University of Chicago Press.

[4] Lever, C. (2001). The cane toad: The history and ecology of a successful colonist. Otley: Westbury Academic and Scientific Publishing.

[5] Van Dam, R. A., Walden, D., & Begg, G. W. (2002). A preliminary risk assessment of cane toads in Kakadu National Park. Supervising Scientist, Environment Australia.

[6] Doody, J. S., Green, B., Sims, R., & Rhind, D. (2007). A preliminary assessment of the impacts of invasive cane toads (Bufo marinus) on three species of varanid lizards in Australia. Mertensiella, 16, 218-227.

[7] Department of the Environment, Water, Heritage and the Arts. (2010). The cane toad (Bufo marinus) – fact sheet. Dcceew.Gov.Au. Abgerufen am 22. Juli 2022, von https://www.dcceew.gov.au/environment/invasive-species/publications/factsheet-cane-toad-bufo-marinus

[8] Cane toad clubbing sparks controversy. (2005, 11. April). ABC NEWSONLINE. Abgerufen am 21. Juli 2022, von http://www.abc.net.au/news/newsitems/200504/s1342444.htm

[9] Agius, K. & Schwarten, E. (2011, 27. März). Thousands killed in „Toad Day Out“. THE SYDNEY MORNING HERALD (Smh.Com.Au). Abgerufen am 22. Juli 2022, von https://www.smh.com.au/national/thousands-killed-in-toad-day-out-20110327-1cbnu.html

[10] Zielinski, S. (2012). The Reluctant Toad Killer.

[11] Ward‐Fear, G., Brown, G. P., & Shine, R. (2010). Using a native predator (the meat ant, Iridomyrmex reburrus) to reduce the abundance of an invasive species (the cane toad, Bufo marinus) in tropical Australia. Journal of Applied Ecology, 47(2), 273-280.

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